Der Tag ist zu voll, die Ressourcen sind begrenzt und die Todo Liste ist abends noch nicht leer. Wer kennt das nicht? Was können wir tun, damit wir mit einem besseren Stressmanagement durch den Tag kommen? Das ist eine Frage, die häufig im Coaching und natürlich auch in den Stressbewältigung Trainings aufkommt.
Stressbewältigung gleich Zeitmanagement?
Stressmanagement ist ein großer Begriff, denn dahinter verbergen sich viele verschiedene Stellschrauben und auch Übungen. Schnell verbinden wird damit das Thema „Zeitmanagement“. Dabei wird häufig die These aufgestellt, dass, wenn ein gutes Zeitmanagement vorhanden ist, abends auch die Todo-Liste leer sein kann – so entsteht erst gar kein Stress. Das ist leider aber ein Trugschluss, denn Organisation ist leider nicht alles.
Stressmanagement ist mehr
Dazu einmal ganz kurz ein Ausflug: Stress entsteht dann, wenn wir den Stressor, den wir wahrnehmen, mit unseren im aktuellen Moment zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht regulieren können. Denken wir diesen Gedanken weiter, dann kann daraus abgeleitet werden, dass dieselben Stressoren nicht immer Stress hervorrufen müssen. Sie haben sicherlich schon einmal beobachtet, dass je nach Stimmung. Laune, Gemütslage etc. Sie Gegebenheiten stressen oder auch nicht.
Wenn das so ist, dann können wir hier vereinfacht gesagt davon ausgehen, dass der empfundene Stress durch Gedanken oder Emotionen angestoßen wird, nämlich in dem Moment, wenn ich keine „Strategie“ bereit habe, den Stressor abzuschalten bzw. zu lösen. Mit diesem Wissen ist es verständlich, dass Stressmanagement auf verschiedenen Ebenen betrieben werden kann. Emotional, gedanklich (kognitiv), auf der körperlichen Ebene, eben da, wo die Symptome spürbar sind.
Emotionale und kognitive Stressbewältigung
Überlegen Sie einmal kurz, was bei Ihnen im Kopf passiert, wenn Sie Stress haben. Häufig sind es Gedanken, die nicht aufhören wollen und die uns immer und immer tiefer in das Thema treiben. Das gedankliche Konstrukt wird wilder und die Vorstellung alleine bringt das Herz zum Rasen.
Hier kann z. B. die Gedanken-Stopp-Technik helfen. Ich benutze die Technik gerne, um meine Gedanken zu stoppen. Merke ich, dass die Gedanken frei drehen, halte ich für mich mental ein dickes, fettes Stoppschild hoch. Manchmal sage ich mir auch noch laut „STOPP! Es reicht nun. Liebe Gedanken, ich habe euch gehört und verstanden, doch nun warten wir erst einmal ab.“ So kann ich mich von vielen Gedanken mental befreien. Auch hilft es, die Gedanken einfach ungefiltert aufzuschreiben, denn dann sind sie aus dem Kopf.
Egal welche der Methoden ich für mich jeweils auswähle, danach versuche ich mir Zeit zu nehmen, um auch meinen Körper aus dem Stressmodus zu holen. Und das gelingt mir gut mit bewusstem Atmen. Aber nicht bei allen Menschen hilft die gleiche Übung gleich gut. Für viele ist körperliche Aktivität sehr wichtig, um die Power aus dem Körper zu bekommen. Hierzu habe ich Dr. Angelika Friedel – sie ist Personal Trainerin – befragt, was aus Ihrer Sicht die besten Möglichkeiten, sind den Stress auf körperlicher Ebene loszuwerden.
Angelika, hast Du für die Leser:innen eine sportliche Übung, die besonders hilft, sich vom Stress und den kreisenden Gedanken zu befreien?
Das ist sehr individuell, ob man eher mit Entspannung oder mit Bewegung dem Stress entgegentritt. Menschen, die lieber dem Stress mit Entspannung entgegen treten kann ich progressive Muskelrelaxation oder autogenes Training empfehlen. Andere Menschen bauen Ihren Stress lieber mit Sport ab – Tanzen ist eine gute Möglichkeit, denn da muss man sich auf einen Partner:in einstellen und sich sehr konzentrieren, und kann somit besser abschalten. Manche powern sich auch nur mit Ausdauer- oder Krafttraining aus und fühlen sich genauso entspannt wie andere nach einem Entspannungstraining.
Spannende Ideen, muss ich doch gleich mal ausprobieren! Gibt es auch Bewegungen, die ich im Büro ohne aufzufallen machen kann?
Wie gerade von dir schon erwähnt sind Atemübungen sehr hilfreich, um Stress abzubauen. Man kann z.B. während der Ein- und Ausatmung zählen und länger aus- als einatmen. Das geht auch sehr gut im Büro. Je nachdem kann man dazu auch kurz die Augen schließen.
Im Büro kann man auch gegen die Verspannungen im Nackenbereich kleine Dehnübungen am Schreibtisch direkt machen oder einfach mal aufstehen und sich strecken.
Ach, das ist sehr gut zu wissen. Mal schauen, wann ich die Tipps das nächste Mal anwenden kann. Darf ich noch eine Frage stellen: Was machst Du persönlich, wenn Du gedanklichen Stress hast?
Persönlich baue ich meinen Stress mehr in der Bewegung als in der Entspannung ab. Meist gehe ich in der Natur spazieren / wandern (meist auf einen Berg, damit ich in die Ferne sehen kann), oder wenn es mehr Stress ist, gehe ich auch joggen. Das bringt mich wieder auf den Boden und das Essenzielle zurück. Aber nicht nur das mache ich – alle anderen Bewegungen wie schwimmen, klettern oder Skifahren helfen mir auch. Hauptsache Sport – am optimalsten in der Natur direkt vor der Haustür.
Ach, großartiger Tipps! Herzlichen Dank Angelika, dass Du uns mit Deinem Wissen noch weitere Anregungen mitgibst.
Emotionale und kognitive Stressbewältigung darf meiner Meinung nach gerade im beruflichen Kontext noch eine relevantere Position bekommen. Denn nur mit einem guten Zeitmanagement machen wir uns was vor, es ist nicht die Lösung für alle Probleme.
Was machen Sie das nächste Mal anders, wenn Sie gestresst sind? Überlegen Sie sich heute schon einen möglichen Umgang, schreiben Sie ihn sich auf, damit Sie in der stressigen Situation nur noch auf den Zettel schauen brauchen. Auch das gehört zum Stressbewältigung dazu: Zu verstehen, dass in einer stressigen Situation unser Gehirn in den Notfallmodus wandert und das Suchen nach Lösungen dann wenig gefördert wird. Also seien Sie vorbereitet!
Werden Sie Freischwimmer!