Und schon wieder bringt Sie der Kollege*, Mitarbeiter oder Partner auf die Palme. Er ist schon wieder zu spät, die Aufgabe ist nur zum Teil erledigt und überhaupt sind Sie gerade gar nicht gut aufeinander zu sprechen. Was mache ich nur, mein Motzen hat nichts gebracht, das freundlich geführte Gespräch wurde mit „jaja“ abgetan und Sie haben den Eindruck einfach, nicht gehört zu werden. Nun kommt für Viele der Punkt, an dem sie die Kritik vor dem Team frei herauslassen. Ohne Filter, ohne Abstand oder Plan, wie es in der Zukunft sein soll. Pähmmmm… Das hat gesessen und Ihnen geht es besser. Doch eine Woche später macht der Kollege genau das Gleiche… Warum denn bloß? Vielleicht, weil er Sie nicht verstanden hat? Vielleicht aber auch, weil er keine Notwendigkeit sieht, etwas zu ändern? Gründe gibt es viele, vielleicht liegt es auch an Ihnen, da Sie nicht klar genug Ihre Kritik geäußert haben.
Probieren Sie einmal folgendes Vorgehen aus, denn Kritik zu äußern heißt, anderen zu helfen und nicht, das Verhalten oder die Wirkung auf Andere zu verbessern. Und schon gar nicht ist Kritik dafür da, dass Sie sich abreagieren. 😉 Und noch ein kleiner Hinweis für sich selbst: Gute Kritik ist wertvoll, sehr wertvoll sogar.
1. Phase: Gesprächsvorbereitung
Bevor Sie das Gespräch suchen, überlegen Sie für sich einmal: „Was soll sich nach dem Gespräch ändern?“ Ist das, was gerade passiert ist, der Tropfen auf den heißen Stein, trifft das Beispiel eigentlich genau das, was Sie geändert haben möchten?
Um das herauszuarbeiten ist es wichtig, dass Sie zunächst einmal eine positive Grundhaltung dem Gegenüber entgegenbringen. Sehen Sie ihr Gegenüber so, dass er es sowieso nicht besser kann oder weiß, dann überlegen Sie, ob Sie mit einem Gespräch überhaupt weiterkommen. Seien Sie erst einmal offen und vor allem seien Sie auch bei der Vorbereitung des Gesprächs konstruktiv, optimistisch und der Person gegenüber positiv eingestellt.
Laden Sie ihren Gesprächspartner im Vorfeld ein. Geben Sie ihm ein wertschätzendes Gefühl und in der Einladung auch Informationen darüber, worum es geht. Schauen Sie, dass das Gespräch zeitnah stattfindet und nicht erst einige Wochen nach einem Anlass. Suchen Sie einen ruhigen Raum für das Gespräch und führen Sie es nicht vor Kollegen oder in der Kaffeeküche. So gehen Sie gut vorbereitet in das Gespräch.
2. Phase: Gespräch
Ok, nun haben Sie Ihre Emotionen sortiert und herausgearbeitet was Sie nach dem Gespräch für eine positive Veränderung wollen. Nun kommt der Teil, der für viele am unangenehmsten ist, nämlich die Konfrontation. Hierzu bietet sich an, nicht lange in Smalltalk zu verfallen, sondern sofort das Verhalten ansprechen. Wichtig hierbei: formulieren Sie so, dass kein Vorwurf entsteht. Eine Idee wäre: „Es geht mir um … ich habe festgestellt, dass …“ Bei diesen Formulierungen beschreiben Sie das Verhalten oder den Ist-Zustand so konkret wie möglich, nennen Sie ein Beispiel, doch werten Sie hier bitte nicht. Bleiben Sie sachlich und drücken sie Ihre Gefühle in einer Ich-Botschaft aus: „ich habe es als sehr unangenehm empfunden, dass …“. In einem nächsten Schritt zeigen Sie ihrem Gegenüber die möglichen Auswirkungen des Verhaltens auf. Hierfür bietet sich zum Beispiel etwas an wie: „Dieses hat zur Folge, dass …“ Puhh, das war der schwierigste Teil, da hier gerne um den heißen Brei herumgeredet wird oder es zu Schuldzuweisungen kommt. Also, wenn Sie bis hierhin gut durch gekommen sind, haben Sie gute Chancen, dass Ihr Gegenüber die Kritik versteht und annimmt.
3. Phase: Zukunftsblick
Doch das Gespräch sollte so nicht aufhören. Leiten Sie nun das Thema von der Gegenwart in die Zukunft. Hier gibt es nun verschiedene Wege, wie Sie weiter verfahren können: Senden Sie eine Ich-Botschaft, was Sie sich für die Zukunft wünschen. Alternativ spannen Sie Ihren Mitarbeiter oder den Kollegen mit ein, einen Lösungsvorschlag zu finden. Oder je nach Beziehung können Sie die Verantwortung für eine Veränderung auch in die Hände des Gegenübers legen.
Résumé zu einem gelungenen Kritikgespräch
Ist so ein Gespräch gut vorbereitet und Sie haben ihre ersten Emotionen herunter gekühlt, dann haben Sie gute Voraussetzungen, Kritik konstruktiv zu äußern. Doch das Wichtigste, immer über allem: seien Sie positiv in der Grundhaltung, bleiben Sie in der Ich-Botschaft und denken Sie daran „wie etwas in der Zukunft gelöst wird.“ So gehen Sie beide positiv gestimmt aus dem Gespräch und einer Veränderung steht nicht mehr viel im Wege.
Ein Gedanke möchte ich noch teilen, da ich hier vom Sender der Kritik ausgegangen bin. Versetzten Sie sich doch mal in den Empfänger und überlegen Sie sich: „Was würde mir helfen, wenn ich die Kritik bekomme, um etwas zu verändern zu können? Wie würde ich es mir wünschen, die Kritik zu erhalten?“ Denn ohne Kritik wird es schwierig, etwas zu verbessern – konstruktive, ehrliche Kritik ist wertvoll.
* Der Einfachheit schreibe ich in der männlichen Form und verzichte auf die weiblichen Ausführungen.