Bewerten und Vergleichen mit Andern: Ein Mechanismus, den viele von uns bis ins Letzte beherrschen. Wir lernen es in der Kindheit: Bereits im Kindergarten fängt es an, in der Schule werden wir mit jeder Note und jeder Bewertung an Anderen gemessen. Und im Sport scheint es nur darum zu gehen, schneller zu laufen, weiter zu werfen oder tiefer zu tauchen als die Anderen. Und auf der anderen Seite sind wir alle gestresster. Diese Gedanken bringen mich zum Thema „Stressfreier Leben: Hören Sie auf mit Vergleichen und Bewertungen“.
Motivation durch Vergleiche
Teilweise helfen uns Vergleiche, uns zu motivieren. Wenn wir einen starken inneren Antrieb haben „der oder die Beste zu sein“, kann uns eine Bewertung motivieren, zu lernen, etwas noch einmal auszuprobieren oder etwas mehr Zeit in Dinge zu investieren. Fast jeder wird schon bemerkt haben, dass manchmal ein kleiner Wettbewerb hilfreich ist, damit wir uns aufraffen. Doch was ist, wenn der Druck zu hoch wird und wir nur noch in dem Raster leben, immer um jeden Preis der oder die Beste sein zu müssen? Dann wird es schwierig! Deshalb hilft das Vergleichen und Bewerten nicht immer und es ist sogar gar nicht immer hilfreich, nur mit dem Auge darauf durch die Welt zu gehen, wie wir gegenüber anderen abschneiden.
Unterschiede im Vergleich
Vergleiche und Bewertungen spielen dabei mit unserem Selbstwertgefühl und unserer Wahrnehmung. Denn klar: Vergleichen wir uns mit Menschen, die in unseren Augen schlechter, dicker, langsamer oder unattraktiver sind, dann heben wir damit vor allem unseren Selbstwert. Vielleicht können wird daraus Energie und Selbstbewusstsein ziehen, auch wenn wir durch den scheinbar objektiven Vergleich manchmal gar nicht sehen, dass wir nicht wirklich mit dem gleichen Maßstab messen. Denn wir haben hier gerne eine ziemlich selektive Wahrnehmung. Doch was ist, wenn wir und selbst als dicker, schlechter, langsamer oder unattraktiver einschätzen? Genau, dann geht es an unseren Selbstwert. Wir fühlen uns schlecht! Wir bauen uns Blockaden und Druck auf.
Blockaden und Druck
Das kann uns den Mut nehmen, überhaupt etwas anzugehen und uns zu Fragen bringen wie: „Bin ich überhaupt gut genug?“ Wir festigen durch den Vergleich häufig ganz schrecklich verallgemeinerte Annahmen wie: „Ich bin nicht gut genug“, „Das schaffe ich sowieso nicht“, „Andere können das besser als ich“…. Häufig erlebe ich, dass Klienten sich immer wieder mit anderen vergleichen und behaupten, sie seien nichts Besonderes, andere können viel mehr. Doch ist das wirklich so? Kann das überhaupt sein?
Jeder hat seinen eigenen Fingerabdruck
Sicherlich scheint es uns häufig so, dass wir in bestimmten Dingen nicht so gut sind wie ein Freund oder eine Kollegin. Doch mal Hand aufs Herz, was heißt das schon? Meines Erachtens denken wir nur sehr oft, dass Andere es besser machen, denn in der Regel sind wir häufig viel zu streng mit uns selbst. Anderen verzeihen wir viel schneller Fehler als uns selbst. Hinzu kommt auch noch, dass wir für einen Vergleich häufig nur ein einziges naheliegendes Kriterium hinzuziehen.
Nehmen wir mal folgende Situation an: Sie sind Läufer und ihre Freundin auch. Sie gehen jede Woche zwei Mal Laufen, da Sie Ihre Fitness steigern möchten. Allerdings möchten Sie Spaß daran haben und auch noch andere Dinge erleben. Ihre Freundin hingegen läuft jeden Abend ihre Kilometer und das schon seit Jahren. Für sie geht es auch darum, Wettkämpfe zu gewinnen. Nun überredet ihre Freundin Sie, gemeinsam an einem Wettkampf teilzunehmen. Natürlich kommen Sie nach ihr ins Ziel. Sie haben ihre beste Zeit gelaufen, sie hat sich sogar leicht verschlechtert. Trotzdem fühlen Sie sich im Vergleich schlechter. Stimmt, schaut man sich nur den einen Lauf an waren Sie langsamer. Aber was ist, wenn sie einfach mal den Maßstab ändern? Wie sieht es aus mitdem Lernerfolg, Steigerung der Geschwindigkeit, Spaßfaktor, ausgeglichener Puls… Und schon relativiert sich der Vergleich, denn wenn wir es ganz genau nehmen, haben Sie Äpfel mit Birnen verglichen. Sie hatten oberflächlich dasselbe Ziel, jedoch unterschiedliche Ausgangsituationen. Wenn sie es aus dieser Perspektive betrachten: wer ist der Gewinner im Vergleich?
Umgang mit Vergleichen
Vergleiche wurden uns viel zu früh antrainiert, als dass wir sie kurzfristig abstellen können. Doch was wir gut machen können, ist zu versuchen, den Vergleich mal mit der Lupe genauer anzuschauen. Vergleichen wir Äpfel mit Birnen oder haben wir vielleicht auch einfach andere Voraussetzungen, Ideen oder Ansprüche? Hat uns das Lauftraining nur zwei Mal in der Woche nicht auch erlaubt, dass wir noch andere Dinge erleben durften? Versuchen Sie die ersten vergleichenden Gedanken doch einmal zu hinterfragen. Sie werden sich wundern, wie schnell der Vergleich auf einmal keinen Sinn mehr macht.
Weniger Vergleichen macht glücklich
Lösen wir die Vergleiche für uns auf bzw. denken den Vergleich realistisch zu Ende, dann haben wir einen tollen Schlüssel für ein glücklicheres Leben gesammelt. Wir werden immer wieder feststellen, dass der erste Vergleich ziemlich unrealistisch ist, da unsere Situationen, Voraussetzungen oder Gegebenheiten ganz anders sind als bei denen, mit denen wir uns vergleichen. Lassen Sie den Vergleich fallen und Sie werden merken, dass Sie langfristiger zufriedener und auch glücklicher werden. Es werden sich automatisch Blockaden und Druck lösen. Was kann uns Besseres passieren?
Werden Sie Freischwimmer.