Wenn ich deine beste Kollegin frage, wie würde sie dich in 3 Sätzen beschreiben?
Meine beste Kollegin beschreibt mich als energievolle Macherin, die losläuft und voller Optimismus ihre Erfahrungen und das Wissen nutzt, um Neues anzugehen. Sie würde mich weiterhin so beschreiben, dass ich mutig den Dingen auf den Grund gehe und mich über jede „Nuss“ freue, die geknackt werden darf. Spaß, Humor und etwas Provokation gehören dazu.
Worin siehst du die aktuellen Herausforderungen in der Arbeitswelt?
Das ist eine gute Frage, denn in meiner Wahrnehmung gibt es an einigen Stellen gerade eine zugespitzte Lage. Zum einen sehe ich, dass immer mehr Druck auf den Schultern der Einzelnen lastet und damit auch die mentale Gesundheit einen höheren Stellenwert bräuchte. Dieser ist leider nicht oft im Fokus, da sehr viele Organisationen (logischerweise) zahlengetrieben arbeiten, was m. E. durch die Globalisierung, die kleineren Märkte und die absolute Schnelllebigkeit auch noch befeuert wird. Zum anderen nehme ich auch wahr, dass sich das, was Mitarbeitende suchen und was Unternehmen anbieten nicht unbedingt deckt. Die Erwartungshaltungen zueinander sind individuell und Unternehmen können sich so individuell nicht immer aufstellen bzw. Mitarbeitenden entsprechen auch nicht zwingend den individuellen Vorstellungen der Unternehmen. Als weiteren Punkt bin ich der Meinung, dass Menschen lernen dürfen sich und anderen besser zuzuhören. Denn Kommunikation ist ein starker Schlüssel für den gemeinsamen Erfolg, der viele Missverständnisse, viel Frust und Themen des Nicht-gesehen-werdens ausräumen kann, die durch die Komplexität, Schnelllebigkeit und auch nicht mehr lineare Gegebenheiten aufkommen.

Welche Auswirkungen hat das auf die Führungsaufgaben?
Na, für mich fängt es damit an, dass die Führungsaufgabe erst einmal entschlackt werden darf. Nämlich dahin, dass Führungspersönlichkeiten sich auf die Führung und nicht auf das operative Geschäft konzentrieren können. So gewinnt dieser Personenkreis erst die Möglichkeit, sich um die Teammitglieder zu kümmern z. B. um Gespräche zu führen und die Sorgen und Nöte der Mitarbeiter zu hören. Aber auch um Verhaltensveränderungen wahrzunehmen, die z. B. durch eine langfristige Über- oder Unterlastung entstehen können.
Weiterhin gehört es auch dazu, dass sich Zeiten der persönlichen Reflexion genommen werden und ich als Führungsperson es schaffe innerlich stabil zu sein. Weiß ich, wie und ob ich die Unternehmenswerte lebe und mit Leben füllen kann? Wie kann ich meine Mitarbeitenden so motivieren, dass sie gesund und vor allem auch zufrieden mit der täglichen Arbeit sind? Was kann ich umstrukturieren bzw. umsetzten mit meinen Mitarbeitenden, damit tägliche Flow-Situation geschaffen werden? Diese und andere Fragen gehören zu einer guten Führungsperson und verändern damit unter anderem die Aufgaben.
Warum ist dir das Thema nachhaltiges Führen wichtig?
Das Thema ist mir aus verschiedenen Perspektiven wichtig. Zum einen, war ich selbst lange Führungsperson und ich war tatsächlich zwischen operativen Aufgaben, die – wenn ich ehrlich bin – oft mehr als 70 % meiner Zeit ausgemacht haben und dem wirklichen Führen – dementsprechend nur wenige Stunden in der Woche – hin und her gerissen. Denn mein Team hat mich schon gebraucht und die Gespräche, die menschliche Unterstützung eingefordert. Das war für mich nicht zufriedenstellend. Und nun könnte ich sagen, es ist nur meine Situation gewesen, doch durch meine Rolle als Business Coach, Trainerin und auch Mentorin bekomme ich die Bestätigung, dass es nicht nur in meiner „Blase“ so war, sondern in vielen Organisationen der Schreibtisch der Führungsperson genauso ausschaut. Das geht in meinen Augen langfristig nicht gut. Entweder verlassen die Mitarbeitenden das Team, die Führungsperson mag bzw. kann nicht mehr. Der Druck Zahlen zu erreichen, wird immer höher, doch der Erfolg wird auf Lasten der Menschen getragen. Und das muss nicht sein. Denn alle zusammen können mit Spaß und Freude wachsen und besser werden. Dafür braucht es nicht viel!
Aus der Perspektive der Angestellten gesprochen ist das nachhaltige Führen für mich so wichtig, damit die Menschen in den Unternehmen mental gesund bleiben. Die Zahlen der psychischen Krankheitstage haben 2023 den Höchststand erreicht und in den Prognosen wird 2024 diese Zahlen auch noch einmal toppen. Das ist zum einen für Organisationen verdammt teuer und zum andern für die betroffenen Personen ungesund. Wieso nicht frühzeitig daran arbeiten, dass Menschen gesund bleiben? Wenn jeder das täte, was er/sie gerne tut und gut kann, wären alle zufriedener und somit auch die Erfolge mindestens genauso da. Doch die Kosten durch Krankheit würden geringer ausfallen.
Und dann gibt es für mich noch eine weitere Perspektive. Ich bekomme aus der Erwachsenenbildung immer wieder mit, dass es gut qualifizierte Menschen gibt, die Lust haben etwas zu bewegen, doch die leider keine 30 mehr sind. Und doch möchte keiner sie haben, da sie meistens wissen, wer sie sind, was sie wollen und was sie können. Das passt oft nicht in alte Führungsstrukturen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Organisationen suchen neues Personal, finden auf Grund des „War for Talents“ oder des „Demografischen Wandels“ nicht die richtigen Personen, obwohl diese zum Teil vorhanden sind.
Welche Erfahrungen / Skill bringst du mit ein, um die nachhaltige Führung zu stärken?
Mh, ich denke ich bringe die Übersicht über verschiedene Perspektiven mit: als Führungsperson, als Mitarbeitende, als Trainerin und Coach, aber auch als Person, die selbst durch die Krise eines Burnouts und einer Depression gegangen ist und daraus gelernt hat, dass Arbeit Spaß machen darf, leicht sein kann und vor allem mit der Leichtigkeit und dem Spaß die Ergebnisse besser werden. Ich habe mich in den letzten Jahren sehr viel weitergebildet in Themen der persönlichen Entwicklung, der positiven Psychologie und der mentalen Gesundheit. Das Ganze konnte und durfte ich in verschiedensten Organisationen – von Führungskräftetrainings bis Mitarbeitenden-Workshops – direkt in die Praxis umsetzen.
Mal angenommen, du arbeitest in einem Unternehmen mit nachhaltiger Führung, woran merkst du das?
Das ist ganz einfach: Ich würde merken, dass es sich so anfühlt, als ob ich noch selbstständig wäre. Ich dürfte selbstbestimmt und selbstwirksam arbeiten, würde die Unternehmensziele und Werte kennen und mit leben.